#422 Exit Interviews – Vorgehen, Details, Nutzen - ein Artikel von Niels Brabandt

Exit Interviews – Vorgehen, Details, Nutzen

ein Artikel von Niels Brabandt

Mitarbeitende kündigen.

Dies kommt vor, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Die Frage ist, wie hiermit umgegangen wird. Exit Interviews sind eine Möglichkeit, um zahlreiche wichtige Aspekte abzudecken. Leider sind immer noch zahlreiche Organisationen am Markt zu sehen, die entweder keinerlei Exit Interviews durchführen oder jene ohne Struktur, mit falscher Vorgehensweise oder falscher Zielsetzung durchführen.

Wie können Sie Exit Interviews durchführen, welche den gewünschten Nutzen für Sie und Ihre Organisation abbilden?

Best Practice

Ein wichtiger Faktor ist das richtige Datum. Oft wird entschieden, dass ein Exit Interview zeitnah zum Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung erfolgt. Dies ist nicht zielführend, da Sie hier vermutlich eher auf Rückgewinnung abzielen und dies nicht das Ziel eines Exit Interviews ist. Achten Sie darauf, dass die interviewende Person neutral ist. Die Führungskraft, mit welcher zuvor Streit entstand oder die HR, welche im Streit die Seite der Führungskraft verteidigte, ist hier nicht geeignet. Neutralität ist oberstes Gebot. Ein Exit Interview ist kein Streitgespräch.

Das Exit Interview selbst wird semi-strukturiert durchgeführt. Rein strukturierte Exit Interviews klingen schnell nach einer Pflichterfüllung, einer abzuhakenden Liste, einer notwendigen Last. Semi-strukturierte Interviews geben Fragen als Leitlinie und lassen anschließend genug Raum für weitere Ausführungen, um das Gespräch nicht allzu starr erscheinen zu lassen. Psychologische Sicherheit ist in jedem Fall zu gewährleisten.

Grundsätzlich gilt zum Ablauf: zuhören, dokumentieren, abschließen. Es erfolgt keine Verteidigung von Fehlverhalten, keine Rechtfertigung, keine vorgeschobenen Gründe und schon gar keine Vorwürfe in Hinblick auf die im Exit befindliche Person.

Nutzen

Gut durchgeführte Exit Interviews bieten eine Vielzahl von Vorteilen. Sie erhalten oft den Grund, warum gekündigt wurde. Zum Teil wäre jener vermeidbar gewesen, zum Teil sind jene jenseits Ihrer Kontrolle – ein wichtiger Unterschied. Bei den Gründen be- und verurteilen Sie die Gründe als interviewende Person in keinem Fall. Wenn Ihnen kein Grund oder nur vorgeschobene Gründe genannt werden, so ist dies ein klares Warnsignal für die Führungs- und Organisationskultur, welche auf umgehenden Handlungsbedarf hinweist.

Sie erfahren bei einem guten Interview zahlreiche Details über Zufriedenheit, gelebte und somit reale Organisations- und Führungskultur. Ebenso erfahren Sie, ob Ihre Bezahlung noch wettbewerbsfähig und marktüblich ist, dies spielt gerade heutzutage eine immer größere Rolle. Karriereentwicklungen oder deren Fehlen sind ebenso oft Erkenntnisse, welche Sie gewinnen können.

Wichtig ist, dass nach dem Interview klar zu erkennen ist, dass es einen Prozess zur Verbesserung der Situation gibt und jener real angestoßen wird. Das reine Aufnehmen von notwendigen Handlungsfeldern ohne reale Aktivität bringt Ihnen schnell den Ruf einer listenabhakenden Verwaltungseinheit ein. Echte Verbesserung ist zwingend erforderlich.

Mehr zu diesen Themen im Detail finden Sie im dieswöchigen Videocast und Podcast – Links siehe unten.

Umsetzung

Für eine Umsetzung dieser durchaus nicht geringen Anforderungen ist eine professionelle Aus- bzw. Fortbildung der interviewenden Personen zwingend erforderlich. Unabhängig von Führungserfahrung oder Organisationszugehörigkeit, ein Exit Interview führt niemand gut, ohne dass dies professionell vermittelt wurde. Der billige Online-Kurs wird Ihnen hier ebenso wenig helfen, wie ein lapidar per Mail zugesandtes, einseitiges Dokumente mit vorgegebenen Fragen. Es ist übliche, dass interviewende Personen sich einem Review unterziehen. Dies ist nicht zur Bestrafung, sondern als Feedback gedacht. Eine zweite, ebenso professionell hierin ausgebildete Person, bietet Rückmeldungen, Reflexionen, den Außenblick, welchen Sie selbst niemals haben können.

Auch hier ist wichtig, dass ein verbindlichen Follow-Up erfolgt. Die üblichen Ausreden der Führungskraft aus einer anderen Generationen, Ausflüchte, warum sich jemand nicht hierin aus- bzw. fortbilden lassen möchte oder der Hinweis darauf, dass die Führungskraft ohnehin eher altmodisch und autoritär sei, hilft niemandem.

Fazit: Exit Interview sind extrem hilfreich und extrem nützlich, steigern Effektivität und Effizienz von Organisationen, dies jedoch nur, wenn jene korrekt, professionell und zielgerichtet ausgeführt werden.

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Mehr zum Thema im dieswöchigen Videocast und Podcast: Videocast / Apple Podcasts / Spotify

Das Transkript finden Sie beim Videocast.

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Niels Brabandt ist Experte für Nachhaltige Führung mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in Praxis und Wissenschaft.

Niels Brabandt: Professional Training, Speaking, Coaching, Consulting, Mentoring, Project & Interim Management. Event Host, MC, Moderator.